DE
EN
Bad Homburg, 22.10.2025 von FERI Cognitive Finance Institute

„Climate Tipping Points“: Klima-Kipppunkte bedrohen Weltwirtschaft und Finanzsystem

  • Planetare Erwärmung erreicht erstmals systemkritische Schwellenwerte 
  • Klima-Kippelemente als Auslöser globaler Dominoeffekte und „Kippkaskaden“ 
  • Exponentiell steigende Klimaschäden setzen globales Finanzsystem unter Druck 
  • Cognitive Finance Institute warnt vor unterschätzten Risiken der „Climate Tipping Points“ 

Die Erde wird immer heißer: Inzwischen bewegt sich die Erderwärmung auf einem Pfad hin zu rund 2,7 Grad Celsius bis Ende des Jahrhunderts – deutlich über den Pariser Klimazielen von 1,5 bis 2 Grad. „Die massiven Auswirkungen des Klimawandels auf alle Lebensbereiche werden noch immer unterschätzt – aber auch die drohenden Konsequenzen für Finanzsysteme und Kapitalmärkte“, sagt Dr. Heinz-Werner Rapp, Gründer und Leiter des FERI Cognitive Finance Institute. Hauptgrund dafür: Die enorme Bedeutung zentraler Kippelemente des globalen Klimasystems werde oft noch gar nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt. Deren aktuelle Dynamik sowie die absehbaren Folgen für Umwelt, Wirtschaft, Gesellschaft und Finanzsystem analysiert das FERI Cognitive Finance Institute in seiner neuen umfassenden Studie „Climate Tipping Points – Das Umkippen essentieller Klimasysteme als globales Risiko“.

Progressive Kippdynamiken im globalen Klimasystem 

Kippelemente sind fundamentale Teilsysteme des Erdklimas, die bei Überschreiten kritischer Temperatur-Schwellenwerte unumkehrbar und oft relativ schnell in einen neuen Zustand übergehen. Zu den wichtigsten Kippelementen zählen die Eisschilde in Grönland und der Antarktis, die Atlantische Umwälzzirkulation und der Amazonas-Regenwald. „Grundsätzlich gilt dabei: Sobald der jeweilige Kipppunkt überschritten ist, läuft ein sehr dynamischer, nichtlinearer und sich selbst beschleunigender Prozess – ein Teufelskreis“, erklärt Rapp. 

Hinzu kommt: Viele Klima-Kippelemente sind auf komplexe Weise miteinander verbunden. So führt etwa die polare Eisschmelze nicht nur zu einem Meeresspiegelanstieg, sondern verstärkt auch die Erderwärmung und bewirkt gleichzeitig eine Abschwächung der Atlantischen Umwälzzirkulation – Effekte, die wiederum andere Kippelemente beeinflussen und deren Kippdynamiken beschleunigen können. „Hier liegt das zentrale Problem: Die Gesamtwirkung solcher Dominoeffekte und selbstverstärkender Kippkaskaden erzeugt weitaus größere Klimarisiken, als in vielen Klimamodellen bislang unterstellt“, betont Rapp. 
 
Gemäß Einschätzung des Klimaforschers Nico Wunderling, Professor für Erdsystemforschung am Center for Critical Computational Studies der Goethe-Universität Frankfurt, besteht die Gefahr, dass wichtige Klima-Kipppunkte schon in Kürze erreicht oder überschritten werden. Damit verbunden wären gravierende Risiken für planetare Ökosysteme sowie für die Ernährung und das Wohlergehen von Milliarden Menschen. Doch auch die ökonomischen Kosten des Klimawandels steigen rasant, was weltweit immer höhere Ressourcen erfordert und bestehende Vorsorge- und Absicherungssysteme massiv unter Druck setzt. 

Unterschätzte Risiken mit exponentiellem Anstieg

„Die weltweiten Kapitalmärkte haben die Risiken der Climate Tipping Points bislang klar unterschätzt. Zuletzt melden sich aber bedeutende Versicherungen mit alarmierenden Aussagen, die erste Schockwellen im Finanzsystem ausgelöst haben“, erläutert Rapp. Viele Individualrisiken seien im Zeichen katastrophaler Klimaschäden kaum noch versicherbar, woraus schnell ein systemisches Problem entstehen könne: „Wohnhäuser, Fabrikgebäude oder Hafenanlagen, die für klimabedingte Schäden keinen Versicherungsschutz mehr erhalten, gleichzeitig aber mit hohen Hypotheken belastet sind, werden aus Sicht der Kreditgeber zu einem untragbaren Risiko“, warnt Rapp. Banken müssten dann Wertberichtigungen auf Kredite vornehmen sowie Rückstellungen für drohende Kreditausfälle bilden. „Treten derartige Anforderungen gehäuft und konzentriert auf, was bei sprunghaften Klimaveränderungen sehr wahrscheinlich ist, hat das gesamte Banken- und Kreditsystem plötzlich ein akutes Problem.“

Verschärfte Risikoerfassung und „Repricing of Risk“ 

In Teilen des globalen Finanzsystems führe dies bereits zu deutlich veränderten Risikoeinschätzungen: „Erste Aufsichts- und Regulierungsbehörden, darunter die deutsche BaFin und die EZB, fordern verschärfte Standards für die Erfassung physischer Klimarisiken“, verdeutlicht Rapp. International würden neue Risikometriken gemäß ‚Planetary Solvency‘ entwickelt – mit dem Ziel einer realistischeren Erfassung drohender Klimarisiken und systemischer Folgewirkungen. „Wie unsere Analyse zeigt, verschärft sich das Risikoprofil des globalen Klimawandels exponentiell, sobald das Prinzip der Climate Tipping Points adäquat berücksichtigt wird“, erklärt Rapp. Dieser Aspekt werde aber bislang in vielen Diskursen noch deutlich unterschätzt oder nicht hinreichend zur Kenntnis genommen. „Sobald sich dies unter dem Druck der Realität ändert, droht eine abrupte Neubewertung von Klimarisiken – auch an den Kapitalmärkten“, warnt Rapp. Unternehmer und Investoren seien gefordert, sich schnell und konsequent mit dieser komplexen Thematik vertraut zu machen. 

Die Studie „Climate Tipping Points – Das Umkippen essentieller Klimasysteme als globales Risiko“ der Bad Homburger Denkfabrik der FERI-Gruppe gibt Investoren und Unternehmern tiefe Einblicke in die zugrundeliegende Problematik und unterstützt bei der Analyse und Bewertung künftiger Herausforderungen. Die Kurzversion der Studie, bei der Prof. Nico Wunderling als externer Berater beteiligt war, steht zum Download auf dieser Seite zur Verfügung.  


Autor
FCFI Autor
FERI Cognitive Finance Institute
Pressekontakt
Schlerf Roger
Roger Schlerf

Managing Director, Corporate Communications

Eggert Marenka
Marenka Eggert

Senior Manager Press and Multi-Channel-Communication