T +49 (0) 6172 916-3600
F +49 (0) 6172 916-9000
fag@feri.de
Rathausplatz 8-10
61348
Bad Homburg
Die wirtschaftliche Lage ist traditionell einer der wichtigsten Faktoren für die Wahlentscheidung der Amerikaner und insbesondere für die Frage, ob ein amtierender Präsident eine zweite Amtszeit antreten darf oder nicht. Dass die Wahl in die Zeit einer schweren wirtschaftlichen Krise fällt, ist auch für Donald Trump natürlich ein Nachteil. Dennoch kann er einige Punkte zu seinen Gunsten anführen: Seit dem Ende der gravierenden Lockdown-Maßnahmen hat sich die US-amerikanische Wirtschaft mit beeindruckendem Tempo erholt. Wenige Tage vor der Wahl wird das Bureau of Economic Analysis die erste Schätzung für das Wirtschaftswachstum im dritten Quartal veröffentlichen, und wenn die vorliegenden Indikatoren nicht täuschen, wird es ein Plus von etwa 7 Prozent im Vergleich zum zweiten Quartal sein. Dieser Aufschwung ist inzwischen auch auf dem Arbeitsmarkt angekommen: Die Zahl der Beschäftigten ist seit April um mehr als 10 Millionen gestiegen, die Arbeitslosenquote deutlich unter die 10%-Marke gesunken. Die Rechnung Trumps, auf ein schnelles Ende der Lockdown-Maßnahmen zu dringen, und die Wiederbelebung der Wirtschaft als persönlichen Erfolg zu verbuchen, könnte also aufgehen.
Es gibt aber auch Ergebnisse, die klar gegen den Amtsinhaber sprechen: Trotz des beeindruckenden Wachstums im dritten Quartal liegt die Wirtschaftsleistung noch immer um 5 Prozent unter dem Vorjahreswert. Die aktuellen Konjunkturindikatoren signalisieren außerdem eine deutliche Abflachung der Erholung. Nach Berechnungen von FERI konnte die US-Wirtschaft noch bis Juli sehr schnell zulegen, seit August nimmt das Tempo der Erholung jedoch deutlich ab. Und auch dies macht sich auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar: Die Zahl derjenigen, die ihren Job dauerhaft verloren haben, ist zuletzt steil auf mehr als 2 Millionen Menschen gestiegen. Die Zahl der Erstanträge für Arbeitslosenhilfe hat sich seit etlichen Wochen auf einem Niveau zwischen 800 und 900 Tausend eingependelt, so viel wie nie zuvor in den vergangenen Jahrzehnten. Im Freizeitsektor liegt die Beschäftigung um ein Viertel unter dem Niveau vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Die nach wie vor hohe Zahl von Neuinfektionen dürfte dafür sorgen, dass die Nachfrage nach Dienstleistungen verhalten bleibt. Damit sind die Aussichten auf eine weitere schnelle Zunahme der Beschäftigung sehr gering.
Die langfristig größte Belastung für die US-Wirtschaft stellt allerdings die überbordende Verschuldung dar. Die Staatsverschuldung beträgt schon jetzt mehr als 140% des BIP und birgt langfristig die Gefahr, dass der US-Dollar seine Führungsrolle im globalen Finanzgefüge verliert. Lösungsansätze sind weder von Trump noch von Biden zu erwarten, und das Thema dürfte für die meisten Amerikaner beim Urnengang am 3. November eine untergeordnete Rolle spielen.